Der erste Tag der hessischen U20-Hallenmeisterschaften in Hanau stand für die beiden Melsunger Sprinterinnen Vivian Groppe und Ella Gleim unter keinem guten Stern. Die 18-jährige Gymnasiastin, die nach achtzehn Monaten Pause wieder an einem Wettkampf teilnahm, wollte sich mit einer guten Leistung für den Staffeleinsatz bei den deutschen Jugendmeisterschaften in Sindelfingen empfehlen. Aber Ella zog sich im dritten Vorlauf zehn Meter vor dem Ziel,
als sie noch gut im Rennen lag, einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu und erreichte die Ziellinie nur noch humpelnd nach 8,44 Sekunden. da sie für einige Wochen ausfallen wird, kann sie ihr Vorhaben, in vier Wochen als Schlussläuferin der Startgemeinschaft Melsungen-Baunatal in Sindelfingen zu laufen, ad acta legen.
Vivian Groppe hatte sich für das Wochenende das Erreichen des 60m-Finales mit einer Zeit unter 7,75 Sekunden vorgenommen. Aber daraus wurde nichts, obwohl sie sich mit 7,86 vor Melina Häfer (Gelnhausen, 7,91) und Tabea Vogel (Flieden, 8,11) durchsetzte und in das 60m-Finale der sechs schnellsten hessischen Jugendlichen einzog. Als sie zur Vorbereitung ihres Vorlaufs einige Starts absolvierte, wirkte sie verkrampft. Sie konnte damit ihr zweites Vorhaben nicht realisieren, weil ihre Lockerheit auch im 60m-Finale fehlte. Sie kam nicht gut in die Beschleunigungsphase und hatte nach der Hälfte der Strecke mit dem Ausgang des Rennens nichts mehr zu tun. Während Mira Baus (Schlüchtern) und Carolin Schlung (B S A) mit einem Blitzstart der Konkurrenz enteilten und mit 7,64 bzw. 7,66 Sekunden starke Zeiten liefen, sprintete Vivian von Beginn an dem Feld hinterher. Hawa Jalloh (7,74) sicherte sich vor Josephine Otto (beide Wiesbaden, 7,77) die Bronzemedaille. Auch Pia Pätzel (Bensheim) war mit 7,91 Sekunden als Fünfte noch schneller als Vivian, die mit 7,92 Sekunden auf dem sechsten Platz folgte. “Ich muss in den nächsten Wochen viel für den Start und den Antritt tun, um gut in die Beschleunigungsphase zu kommen”, sagte Vivian nach dem Rennen etwas frustriert. “Morgen wird es besser”, versprach die 17-Jährige für den zweiten Meisterschaftstag.
Dieser wurde mit dem 3000m-Lauf eröffnet. Nachdem die Titelverteidiger Maja Severloh (Hanau-Rodenbach) ihre Meldung zurückgezogen hatte, waren mit Carolin Schäfer (TG Schwalbach) und Maybritt Böttcher (MT Melsungen) nur noch zwei Jugendliche am Start. Die HLV-Kaderathletin aus dem Taunus demonstrierte in diesem Rennen ihre Klasse und lief die drei 1000m-Abschnitte gleichmäßig in 3:20 Minuten. Damit drückte Carolin Schäfer diesem Meisterschaftslauf nicht nur ihren Stempel auf, sondern sorgte auch für eine der besten Leistungen dieser Titelkämpfe. Mit 10:01,85 verbesserte sie die deutsche Jahresbestleistung von Sonja Lindemann (Wedel-Pinneberg), die bisher bei 10:08,22 Minuten stand, um fast sieben Sekunden. Maybritt sollte sich die ersten 1000 Meter an C. Schäfer hängen und so lange wie möglich ihr Tempo mitlaufen. Sie machte das großartig und wurde nach fünf Runden mit 3:21,5 Minuten notiert. Wegen des hohen Tempos musste sie aber abreißen lassen und war deshalb für die letzten zehn Runden ganz auf sich allein gestellt. Die 2000m-Zwischenmarke passierte sie nach 7:01,8 Minuten. Doch sie konnte nicht verhindern, dass die gut aufgelegte Schäfer sie kurz vor dem Ziel überrundete. Nach 10:41,25 Minuten war auch das Rennen von Maybritt beendet. “Klar, mit einer besseren Renneinteilung hätte sie eine Zeit unter 10:30 Minuten laufen können, aber ich wollte sehen, wie viel der 15 Runden sie um 40 Sekunden laufen kann” sagte Alwin Wagner und lobte seinen Schützling nach diesem Rennen.
Drei Stunden danach kam der zweite Auftritt von Vivian Groppe. Nachdem sie vor einer Woche bei den Landesmeisterschaften der Frauen mit 25,35 Sekunden den zweiten Platz über 200 Meter belegt hatte, wollte sie bei der Medaillenvergabe der U20 mit einer schnelleren Zeit erneut ein Wort mitreden. Von den 26 gemeldeten Athletinnen traten 18 Langsprinterinnen in fünf Zeitendläufen an.
Im ersten Lauf legte Svenja Sbrzensny (Frankfurt) 27,17 Sekunden vor. Doch diese Zeit wurde im nächsten Lauf von Makiah Parker (Wiesbaden) auf 26,17 verbessert, womit sie am Ende Rang sieben belegte. Lisa Haselhorst (Königstein) sicherte sich im dritten Lauf den Sieg mit 26,03 Sekunden. Gespannt wartete man auf den Auftritt von Mira Baus, denn sie hatte am Vortag die 60 Meter mit persönlicher Bestzeit gewonnen und mit ihrer hervorragenden Form auch Hoffnung auf den 200m-Titel geschürt. Die Sprinterin aus Schlüchtern lief die Hallenrunde in 25,58 Sekunden und führte vor dem letzten Lauf die Siegerliste vorerst an. Würde diese Zeit reichen? Die Spannung wuchs, als von innen nach außen Melina Höfer (Gelnhausen), Nele Kühn (Frankfurt), Vivian Groppe (Melsungen) und Carolin Schlung (B S A) in ihren Blöcken auf den Startschuss warteten. Vivian und C. Schlung erwischten einen guten Start und lieferten sich einen Kampf auf Biegen und Brechen. In der zweiten Kurve erarbeitete sich Vivian einen kleinen Vorsprung und für einen Moment sah es so aus, als könnte sie ihre Führungsposition auf den letzten 50 Metern weiter ausbauen. Aber Carolin Schlung stürmte mit ihren letzten Schritten an Vivian vorbei und holte sich mit 25,04 Sekunden vor Vivian (25,17) den Landestitel. Den dritten Platz belegte N. Kühn (25,85) vor M. Höfer (26,46). “Ich habe im Gegensatz zum Vortag versucht, locker in der ersten Hälfte des Rennens zu sein, um auf der Zielgeraden mein Finish zu beginnen”, analysierte Vivian Groppe ihre Taktik. Der Plan ging bis kurz vor dem Zielstrich auf. Doch dann wurde deutlich, dass ihr noch einiges an der Schnelligkeitsausdauer fehlt.
Knapp vier Stunden nach dem 3000m-Lauf startete Maybritt Böttcher auch über 800 m. Für sie war dieser Doppelstart aus trainingsmethodischer Sicht kein Problem. Maybritt sollte in diesem 800m-Trainingslauf unter Wettkampfbedingungen unter 2:30 Minuten bleiben und damit einen Beweis ihrer physischen und psychischen Belastungsfähigkeit ablegen. “Mit der Zeit bin ich super zufrieden, denn das war für mich eine tolle Motivation”, sagte die hessische U18-Meisterin im 10km-Straßenlauf nach dem Rennen, in dem sie im ersten von zwei Zeitläufen mit 2:27,32 Minuten den dritten Platz belegen konnte. Nachdem sie die ersten 200 Meter in 35 Sekunden zurückgelegt hatte, wurde sie nach der Hälfte der Strecke mit 1:13 Minuten notiert. Nach 1:52 Minuten lief sie am Ende des Feldes in die letzte Runde, wo sie noch einige Meter gutmachte, als sie in der letzten Kurve ihr Tempo anzog. Doch der Weg nach vorn war zu weit. Die Entscheidung in diesem Rennen hätte nicht knapper ausfallen können. Erst nach Auswertung des Zielfotos konnten die Plätze zwei und drei festgelegt werden. Hinter Junia Auel (Steinatal, 2:27,06) rettete sich Hannah Geisel (Assenheim) mit 2:27,31 Minuten als Zweite über die Ziellinie. Nur 0,01 Sekunden zurück überraschte Maybritt als Dritte, vor Theresa Ruppersberg (Breidenbach, 2:31,04), die im Herbst bei den Landesmeisterschaften in Gelnhausen mit 2:24,32 noch vor Maybritt ins Ziel kam.